Nachdem die Saarländischen Herzgruppen in den Jahren 2015 bis 2019 zwei Studienprojekte zum Thema Pedelecnutzung in Herzgruppen erfolgreich beendet haben (Herz.BIKE Saar I und Herz.BIKE Saar II – HI-Herz.BIKE Saar), sollen nun in einem größeren Projekt und unter Kontrolle des wissenschaftlichen Beirats die Herzgruppen als etablierte Einheiten selber Gegenstand von Forschungsvorhaben sein. Finanzierungsmöglichkeiten sollen erarbeitet werden. Den wissenschaftlichen Projekten sollten statt analoger und papiergebundener Erhebungen digitale Möglichkeiten zugrundeliegen. Hierzu zählen anwenderfreundliche Eingabemasken von Jotform, die mit relationalen Datenbanken (Googlesheets oder MySQL) verknüpft sind. HGS hat hierzu ein Digitalprojekt aufgelegt, das diese Entwicklung unterstützt.
Im Folgenden stellen wir die Projekte unseres Beirats vor, die teilweise bereits vor der Pandemie diskutiert wurden, jetzt aktualisiert oder ergänzt werden müssen.
Prospektive Kohortenstudie als Planungsgrundlage: Kombination von OUTHRV = outpatient heart rate variability study und OUTQUEST = outpatient questionnaire for life quality, Zusammenführung der beiden Projekte OUTHRV und OUTQUEST.
Geplante Studie:
Herzinsuffizienzgruppe nach den Kriterien der DGPR Losheim und Weiskirchen. Diese beiden, nach allgemeiner Belastbarkeit und Auswurfleistung des Herzens (EF) definierten Gruppen werden in der Studie in zwei Gruppierungen geteilt.
Schema einer prospektiven Kohortenstudie, mit 2 Armen, die Gegenstand der Fragestellung sind. In unserem Fall sind das Fragen nach der Mortalität, der Hospitalisation und der Wertigkeit der gemessenen HRV-Parameter.
HIG Herzinsuffizienzgruppe, IK (blau) Interventionsgruppe, KK (rot) Kontrollgruppe
Zur Vergrößerung bitte auf das Bild klicken.
OUTHRV
Untersuchungen zu OUTPATIENT HRV
Herzfrequenzvariabilität als Risiko-Frühindikator:
Nachweis von Trainingseffekten bei der wöchentlichen Trainingsarbeit
Bestimmumg des individuellen Herz-Kreislaufrisikos
Die Messung der neurovegetativen und vielleicht auch autonomen Aktivität durch Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) könnte wertvolle Hinweise zu ihrer klinischen Verwendung liefern. Hierzu werden vom WBR Überlegungen zur Durchführung einer wissenschaftlich fundierten Studie (prospektiv) oder einer Beobachtungsstudie etwa in einer HIG angestellt.
Die HRV ist zwar in der nicht-medizinischen Literatur, etwa einer physikalisch-mathematischen Betrachtung, seit langem ein Thema, doch sind klinische Arbeiten etwa zur Mortalität nach Herzinfarkt oft sehr lange zurückliegend (80er Jahre) und daher nicht unbedingt aktuell.
Untersuchungen zur Wertigkeit der HRV im Ausdauertraining sind zwar aktueller, doch handelt es sich dabei oft um „gesunde“ Teilnehmer, sodaß eine Studie mit Herzkranken, wie sie in den Herzgruppen aktiv sind, neue Aspekte und Ergebnisse aufweisen sollte.
Es besteht daher die Absicht, eine prospektive Kohortenstudie unter Mitarbeit des WBR, Infarctprotect und den Sportkardiologen Prof. Meyer UDS und Prof. Löllgen Remscheid aufzulegen. Prof. Löllgen hat sich bereits mit der HRV-Problematik (Dtsch. Ärzteblatt) im kardiologischen Bezug beschäftigt.
OUTQUEST (Outpatient questionnaire):
Hierbei handelt es sich um eine teilnehmerorientierte Fragebogenaktion zu Aktivität und Qualität in den Saarländischen Herzgruppen. Diese sollte mit der Kohortenstudie OUTHRV kombiniert werden. Die Eingabemaske (Outquest 2) ist auch Teil eines Digitalprojekts, das derzeit offiziell von Herzgruppen Saar e.V. bearbeitet wird, Das Projekt hat das Ziel, die anfallenden Daten bei der Herzgruppenarbeit zu verwalten und auch für wissenschaftliche Fragestellungen verfügbar zu machen. Es ist auch eine Alternative zu der als RCT geplanten Studie OUTQUALI
Subjektive Symptom- und Qualitätsabfragen, etwa KCCQ und SF36 sollen ebenfalls einbezogen werden.
Einzelheiten zu KCCQ (PDF)
Einzelheiten zu SF36
Diese Studie soll als Pilotstudie zentral ausgewertet werden. Dazu ist der Fragebogen digitalisiert und mit einer Datenbank verknüpft, die eine Auswertung gestattet.
- Papiergebundene Variante: Ein Entwurf ist der papiergebundene Fragebogen, der an die Teilnehmer ausgegeben wird. Die Daten werden dann in einen digitalen Fragebogen übertragen. Über die Modalitäten wie Personalien oder Eingabeberechtigungen muss noch diskutiert werden.
- Forminator: Ein digitaler Entwurf – aber ohne Datenbankanbindung – auf Forminatorbasis dieses Fragebogens, in den die erhobenen Daten dann eingegeben werden, ist hier einzusehen. (Outquest 1). Dieser ist aber ein veralteter Entwurf und wird nicht mehr aktualisiert.
- Jotform:
OUTQUEST2: mit der ansprechenden Eingabemaske Outquest 2 ist eine datenbankgestützte Möglichkeit gegeben. Dieser Entwurf ist derzeit die bevorzugte Eingabemaske.
Health Survey SF36-12: ergänzende Abfrage nach SF36
OUTQTEST 3 Abfrage: AHG2a als ergänzende Abfrage zu HIG
Stand Juli 2024: Basis und Grundlage der digitalen Anwendung ist die Ankündigung der AHGs in Losheim (Röder) und Weiskirchen (Bühl), baldmöglichst zwei HIG (Herzinsuffizienz-Gruppen) zu gründen. Eine solche Gruppe sollte von Beginn an wissenschaftlich begleitet werden. Das Treffen des WBR am 30.7. in Fraulautern hat diesen Ansatz vertieft und konkretisiert.
OUTQUALI (outpatient RCT zu Qualität und Aktivität in AHGs)
Dieser RCT-Ansatz wird derzeit vom WBR nicht verfolgt.
Basis und Fragestellung (Stand Juli 2022):
Für diese spezielle Form der Rehabilitation (Phase III; Wohnortrehabilitation, Herzgruppenarbeit) trotz ihres inzwischen 40jährigen Bestehens ist es erstaunlich, dass kaum belastbare neuere Daten zur Effizienz und auch Evidenz des Trainings und der medizinischen Diagnosen vorliegen.
In Deutschland verläuft Rehabilitation in mehreren diskreten Phasen von der stationären Akut-Rehabilitation (I) über die stationäre – und teils bereits ambulante Reha in der Rehaklinik (II) bis zur Wohnort-Reha in den so genannten Herzgruppen (III). Gerade letztere ist in den letzten 40 Jahren einerseits zu einem etablierten Modell mit mehr als 6000 Gruppen bundesweit gereift, doch wurden andererseits Untersuchungen zur Effizienz bisher vorwiegend im Bereich der stationären Reha vorgelegt (z.B. Gohlke et al, 2000).
Insbesondere Buchwalski 2002, aber auch Bjarnason 2007, Bjarnason und Karoff 2007 weisen zwar bei Herzgruppenteilnehmern gewisse positive Effekte hinsichtlich Belastbarkeit und Lebensqualität nach, aber eine neuere DGPR-Studie als Fragebogenaktion von Haberecht (2013) zeigt demgegenüber auf, dass die positiven Effekte der Rehaphase II hinsichtlich der kardialen Risikofaktoren schnell „verpuffen“. Auch die neuere Registerstudie GULLIVE-R (2023) weist von ähnliche Ergebnissen nach.
Bjarnason schreibt 2007: „Um allerdings endgültige und valide Aussagen treffen oder genaue Empfehlungen aussprechen zu können, fehlen klassische prospektive Kohortenstudien speziell an Herzgruppenteilnehmern zum Erfolg einer solchen Rehabilitationsmaßnahme. Hier könnte nur eine bundesweite Multizenterstudie gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse bringen. Eine solche Untersuchung wäre auch für die Krankenkassen von Bedeutung, damit evidenzbasierte Argumente zur Finanzierung vorliegen„.
Besondere Beachtung verdient die 2015, also neuerdings, verfasste Inauguraldissertation von Baumgartner (Langzeiteffekt ambulanter Herzgruppentherapie auf körperliche Belastbarkeit und kardiovaskuläres Risikoprofil).
Aus dieser geht hervor, dass – wenigstens für den Bereich der TU München – die Herzgruppen, so wie sie derzeit arbeiten, in beträchtlichem Maße ineffizient sind. Dies geradezu alarmierende Ergebnis einer sorgfältigen Recherche und Untersuchung war für den kritischen Beobachter zwar erwartbar. Da aber die Herzgruppenarbeit auch Kosten im Gesundheitssystem verursacht, sind Aufarbeitungen, Analysen und daraus sich ergebende Änderungen im Ablauf dringend notwendig,
Auch Herzgruppen Saar hat in einer Pilotstudie (https://doi.org/10.1101/2020.08.17.20157867) bei Probanden mit chronischer Herzinsuffizienz nachweisen können, dass bei supervisiertem und regelmäßigem Training auf dem Pedelec signifikante Verbesserungen der Belastbarkeit und anderer Parameter der Prognose zu erzielen sind. PDF-Version…
Ein RCT kann Ergebnisse einer Verumgruppe der einer Kontrollguppe gegenüberstellen. Hier ergeben sich jedoch erhebliche ethische Probleme, denn man kann eine Kontrollgruppe nicht bedenkenlos ohne Training etablieren.
Aus alledem kann man schließen, dass es an der Zeit ist, eine solche Studie mit RCT-Design oder ein prospektives Register für das Saarland aufzulegen. Dieses Ziel hat sich Herz.AKTIV Saar gesetzt.
Qualität und Aktivität in den Saaländischen Herzgruppen könnte in einer Studie untersucht werden, die als RCT angelegt sein kann. Ethische Probleme sind bisher nicht ausgeräumt worden.
Durch die Pandemie sind Verzögerungen etwa der Antragstellung und auch der Realisation unvermeidbar gewesen. Der WBR muss sich daher zeitnah mit der neuen Situation hinsichtlich Aufbau und Finanzierung befassen.