Körperliche Aktivität hat aber nicht nur Gesundheit zum Ziel,sondern auch allgemeine Fitness im Alltag, besseres Wohlbefinden, Selbstbestimmung und
Autonomie im Alter. Nach einer operationellen Einteilung beruht Gesundheit auf mehreren Faktoren:
– Genetik (Erbanlagen),
– Umweltbedingungen wie Feinstaubbelastung, Schadstoffe, Passivrauchen und Allergene, dazusauberes Trinkwasser und Abwasserbeseitigung,
– soziales Umfeld, Bildung, Sozialstatus, Angebote und Zugang zu Leistungen des Gesundheitssystems (u.a. Impfungen),
– individueller Lebensstil mit „gesunder“ Ernährung,regelmäßiger körperlicher Aktivität, möglichst Normalgewicht, Vermeidung schädlicher Stoffe wie
Nikotin und übermäßigem Alkoholkonsum.
Unter den Risikofaktoren kardiovaskulärer Erkrankungen gehört Bewegungsmangel zu den drei wichtigsten. Seit einiger Zeit wird Bewegungsmangel
durch den Oberbegriff „Exercise Deficiency Syndrom“ abgelöst. Hintergrund sind die zahlreichen Studien
und Metaanalysen zur sitzenden Lebensweise, bedingt durch Bildschirmzeiten („sedentary lifestyle,
screentime“). Diese Zeiten können bereits bei Jugendlichen zu vielstündiger Inaktivität führen. Diese stellt
eine zusätzliche Gesundheitsgefährdung dar.
Umgekehrt ist heute unbestritten und evidenzbasiert belegt, dass regelmäßige körperliche Aktivität zahlreichen Krankheiten vorbeugen kann. Gesichert ist aber auch, dass körperliche Aktivität zur Therapie von Krankheiten eingesetzt werden kann
Die Wirkung körperlicher Aktivität wird in Anlehnung an die Pharmakologie als „pleiotrop“ bezeichnet, eine Maßnahme also, die positive Auswirkungen
auf verschiedene Krankheiten und Funktionseinschränkungen hat. Am Beispiel des Diabetes mellitus: Diabetes mellitus ohne körperliches Training
zu behandeln, gilt bereits als Kunstfehler. Auch eine Therapie der Herzinsuffizienz mit körperlichem Training ist wirksam und verträglich, was man vor vielen Jahren noch abgelehnt hätte. Einer größeren Reihe von Krankheiten kann durch regelmäßige körperliche
Aktivität vorgebeugt werden, die meisten davon sind auch für eine Therapie durch körperliche Aktivität
geeignet (Tab.1). Die Wirkung bei den verschiedenen Krankheiten zur Risikominderung (Mortalität und Morbidität) beträgt etwa 20-30%. Sie ist damit
vergleichbar oder besser als eine Monotherapie mit gesichert wirksamen Medikamenten. In vielen Fällen können nach einem regelmäßigen Training auch
Medikamente reduziert werden.
Von gleichgroßer Bedeutung ist vor allem bei Patienten, aber auch bei Gesunden, die Verbesserung der Lebensqualität durch regelmäßiges Training.Diese Erkenntnisse haben nach den positiven Erfahrungen in Berlin zur bundesweiten Einführung des Rezeptes
für Bewegung geführt. In diesem Jahr wurde nach diesem Muster europaweit die „Exercise prescription
for health“ eingeführt (www.efsma.eu). Körperliche Aktivität und Bewegung werden wie ein Medikament
zur Therapie verordnet: Es bestehen gesicherte Indikationen, eine individuelle Dosierung ist möglich, es
besteht eine Dosis-Wirkungsbeziehung, körperliche und psychoaktive Wirkungen sind belegt, Nebenwirkungen sind selten, Kontraindikationen sind vor
allem akute Krankheiten.
Nach den älteren Leitlinien verschiedener Organisationen in den USA (NIH, US Government, WHO,
HEPA) sind mittlerweile nach zahlreichen Studien und Metaanalysen neue Empfehlungen zum körperlichen Training erarbeitet. Diese folgen der
„FITT“-Regel (auf Deutsch FIDA), nämlich Training nach Frequenz, Intensität, Dauer der Trainingseinheit und Art des Trainings). Hinzu kommen allgemeine Empfehlungen wie Aufwärmen und „Abkühlen“ sowie Trainingsbeginn mit niedriger Intensität
und allmählicher Steigerung.
Von Bedeutung dieser neuen Empfehlungen ist, dass eine eindeutige Beziehung der Risikoreduktion ls harter Endpunkt zur Trainingsintensität bzw. des
Trainingsumfanges nicht-linear verläuft (5). Die entscheidende Senkung des Risikos erfolgt demnach bei
moderater körperlicher Aktivität.Eine weitere Steigerung der Trainingsintensität bzw. des Trainingsumfangs senkt das Risiko nur gering weiter. Ein
größerer Trainingsumfang ist nur dann erforderlich, wenn die Leistungsfähigkeit gesteigert werden soll,
beispielsweise beim ambitionierten Freizeitsportler oder Aktivitäten mit Wettkampfcharakter.
Aus präventiver Sicht sind aber moderate Trainingsaktivitäten ausreichend, sogar regelmäßiges „Walking“, also schnelles Gehen oder „Nordern
Walking“ haben durchaus trainingswirksame Effekte (7). Trainingsempfehlungen für verschiedene Krankheitsbilder wie auch zur Prävention können
in aktuellen Tabellen auf der Homepage der EFSMA abgerufen werden (www.EFSMA.eu).